Episode 40: Produktionshygiene oder: Problembereiche sieht man nicht

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Herzlich willkommen bei unserer 40. Episode GMP & TEA.


Wirkstoffe und Arzneimittel sollen in einer sauberen Produktionsumgebung hergestellt werden. So weit, so gut; so weit, so simpel. Hinter dieser vermeintlich einfachen Forderung verbirgt sich allerdings eine stattliche Anzahl komplexer Prozesse, die es zu verstehen und zu beherrschen gilt. Ein gar nicht so seltenes Phänomen, wenn man im GMP-Umfeld unterwegs ist. Daher ist auch der Titel dieser Episode: Produktionshygiene oder: Problembereiche sieht man nicht.


Vieles erscheint auf den ersten Blick trivial oder gar banal, die Umsetzung setzt aber oft umfangreiche Kenntnisse voraus und zieht mindestens ebenso oft einen ganzen Rattenschwanz an aufwendigen Maßnahmen, Arbeitsanweisungen und Dokumentation nach sich.


So verhält es sich auch bei unserem heutigen Thema. Zwar hat man auf dem Gebiet der Hygiene mit so gängigen Begriffen wie Reinheit oder Verschmutzung zu tun, die im allgemeinen Sprachgebrauch alle relativ weit gefasst sind. Im Zusammenhang mit der pharmazeutischen Herstellungspraxis sind sie aber klar definiert, abgegrenzt und selbstverständlich reguliert. Da können eine Handvoll nützliche Praxistipps für die Umsetzung produktionshygienischer Maßnahmen sicher nicht schaden.


Unsere heutige GMP & TEA-Folge richtet sich daher an alle Hygieneverantwortlichen in der Herstellung, Technik und Qualitätssicherung, an Erstellerinnen und Ersteller von Arbeitsanweisungen und Schulungsunterlagen und nicht zuletzt an alle Mitarbeitenden, die sich in das Thema Produktionshygiene einarbeiten möchten oder müssen.


Wie bedeutsam die Hygiene in der Pharmaproduktion ist, zeigt sich unter anderem daran, dass sie bereits im Mittelpunkt zweier GMP & TEA-Episoden stand. In Folge 24 ging es um Hygieneschulungen und in Episode 38 um die Reinigungsvalidierung.


Heute steht nun die Produktionshygiene auf dem Programm. Denn neben der Personalhygiene entscheiden unter anderem vor allem die Konzeption sowie das Design und die Ausstattung der Produktionsräume über die notwendigen Maßnahmen zur Betriebshygiene.


Wichtigste und alles entscheidende Frage zum Auftakt: Kennen Sie Ihre potenziellen Kontaminationsquellen? Wenn Sie diese Frage bejahen können und daraus die richtigen Schritte ableiten, sind Sie schon fast auf der sicheren Seite. Denn die Kenntnis der Problembereiche ist Grundvoraussetzung für die Entwicklung von Reinigungs- und Desinfektionsverfahren!


Doch bevor wir tiefer in die Materie einsteigen: Haben Sie sich auch eine Tasse Tee oder Kaffee gemacht? Mein Name ist Thomas Peither, und ich will Ihnen heute wieder einen Impuls für Ihre GMP-Compliance geben.


Vielen Dank für Ihr Feedback auf unsere vergangene Episode. Wir freuen uns über jede Reaktion auf unseren Webcast und den Austausch mit Ihnen. Schreiben Sie uns Ihre Wünsche einfach unter GMPandTEA@gmp-verlag.de.


Doch kommen wir nun zu unserem heutigen Thema: Produktionshygiene oder: Problembereiche sieht man nicht.


Im Detail gehen wir unter anderem auf folgende Fragen ein:

  • Was sind die häufigsten Kontaminationsquellen?
  • Welche Aufgabe hat die Reinigung?
  • Und wo muss desinfiziert werden?


Maßnahmen zur Produktionshygiene bei der Herstellung von Arzneimitteln sind unabdingbar für die pharmazeutische Fertigung. Dies spiegelt sich in einer Vielzahl von Anforderungen wieder, die

  • im EU-GMP-Leitfaden und seinen Anhängen,
  • in der AMWHV sowie
  • im 21 CFR 211

beschrieben sind.


Für die Wirkstoffproduktion sind entsprechende Anforderungen durch den EU-GMP-Leitfaden Teil II vorgegeben. Er ging aus dem Annex 18 hervor, der sich wiederum auf die ICH Q7-Leitlinie stützt – ein weiteres wichtiges Dokument in diesem Zusammenhang. Und, last but not least, enthält die von der amerikanischen FDA veröffentlichte Q7 Good Manufacturing Practice Guidance for Active Pharmaceutical Ingredients ein relevantes Kapitel zu Reinigungsvalidierung.


In den Regularien werden unter anderem die Größe und Positionierung von Maschinen und Anlagen behandelt, ferner: das Design, die Position und die Desinfektion von Abflüssen, die Helligkeit der Beleuchtung, die Organisation der Entsorgung, die Lage und der Aufbau der sanitären Einrichtungen, die Eignung von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln sowie die Lage der Sozialräume.


Verantwortlich für die Einhaltung der Betriebs- und damit auch der Produktionshygiene ist übrigens die Leitung der Herstellung. Für den Laborbereich ist es die Leitung der Qualitätskontrolle, unterstützt durch Informationen, z. B. Monitoringdaten, von der Qualitätssicherung.


Vielleicht noch eine allgemeine Feststellung vorweg: Reinigungs- und Desinfektionsprozesse haben immer sowohl einen korrigierenden Anteil, nämlich die Entfernung von Verunreinigungen oder Verkeimungen direkt am Ort des Auftretens, als auch einen präventiven Anteil, nämlich die Reduktion des Kontaminationsrisikos an gleichen oder anderen Stellen oder Räumen.


Die Maßnahmen für die Reinigung von Räumen und deren Einrichtungen orientieren sich an dem Reinheitsgrad, der erreicht werden muss, und an der Art der Verschmutzung. Es ist wie zu Hause auch. An die Sauberkeit in der Küche oder im Bad stellt man in der Regel einen anderen Anspruch als für den Speicher oder die Garage. Und ich gehe unterschiedlich vor, ob ich fettige Verunreinigungen auf dem Kochfeld beseitigen muss oder aber einen Rotweinfleck auf dem Teppichboden.


Der erforderliche Reinheitsgrad, das heißt: die maximal zulässige Keimzahl, wird durch die Art der Produktion, die Substanz an sich bzw. die Arzneiform vorgegeben und ist für die verschiedenen pharmazeutischen Zubereitungen im europäischen Arzneibuch festgelegt. Selbstredend gelten für parenterale Anwendungen die strengsten Grenzwerte. Für andere Darreichungsformen oder auch für pflanzliche Produkte mit pflanzlichen Extrakten sind die Grenzen etwas weiter gesteckt.


Auch für die Reinheit von Wirkstoffen sind Grenzwerte festzulegen je nach Art des Wirkstoffes, aber auch abhängig vom Herstellungsprozess oder von der Art der Weiterverarbeitung. Doch dazu später mehr.


Die ausführliche Auflistung macht deutlich, dass es für die Festsetzung des Reinheitsgrades nur wenig Spielraum gibt. Das mag auf den ersten Blick mühsam sein, gibt aber Sicherheit bei der täglichen Arbeit.


Doch nun zurück zur eingangs erwähnten, alles entscheidenden Frage: Kennen Sie die Kontaminationsquellen und Problembereiche in Ihrem Betrieb?


Es sind – da verrate ich Ihnen kein Geheimnis – nicht wenige:

  • Räume und Anlagen,
  • Ausgangsstoffe,
  • Pack- und Hilfsmittel,
  • Reinigungs- und Desinfektionsmittel,
  • Hilfsmittel sowie
  • Gase, Umgebungsluft und
  • die Prozesse selbst.


Kritische Bereiche lauern überall. Einige davon sind naheliegend, einige sind nicht ganz so offensichtlich und werden daher schon auch einmal übersehen.


Beginnen wir mit den Räumen und Anlagen. Entscheidend sind hier zunächst einmal die Dimensionen. Die Anforderung, „ausreichend große“ Räume bereit zu halten, hat aus der produktionshygienischen Perspektive einen einfachen Grund. Das Reinigungspersonal kann sich darin gut bewegen und kann alle zu reinigenden Bereiche gut erreichen.


Doch aufgepasst, zu große Räume bergen auch so ihre Gefahren. So kann es bei manueller Reinigung zu individuell schwankenden Ergebnissen kommen oder aber – auch das kennen wir aus unserem privaten Umfeld –: Ist Platz verfügbar, werden dort ganz gerne einmal nicht benötigte Materialien oder Maschinen gelagert.


Kleine Räume hingegen werden naturgemäß so eingerichtet, dass der Platz möglichst effizient genutzt wird. Für die Reinigung ist das nicht optimal. So sind zum Beispiel in Wandnähe stehende Maschinenteile nur schwer erreichbar.


Doch keine Sorge, Sie müssen ihre Produktionsräume jetzt nicht zwangsläufig verkleinern oder vergrößern. Wenn Sie die Reinigungs- und Desinfektionsvorgänge möglichst detailliert über ausführliche Anweisungen vorgeben bzw. überprüfen, können Sie nicht-ideale Dimensionen gut wettmachen.

Stichwort: Anordnung! Verschleppte Produktreste sind eine Gefahr für andere Produkte und können das Wachstum von Keimen befördern, aber auch im falschen Produkt Wirksamkeit entwickeln. Deshalb sollten die Wege für Personal und Material so ausgelegt sein, dass Verwechslungen oder Kreuzkontamination ausgeschlossen sind.


Besondere Vorsicht ist beim Transfer von Materialien von einer Reinheitsklasse in die nächsthöhere geboten. Hier braucht es unbedingt entsprechende keim- oder partikelreduzierende Maßnahmen, so z. B. das Einschleusen über eine H2O2-Schleuse oder das Entfernen von Doppelbeutelverpackungen.


Neben dem allgemeinen hygienischen Design der Räume sowie der Maschinen und Anlagen ist auf glatte und beständige Oberflächen zu achten. Glas- oder Edelstahlwände z.B. lassen sich gut reinigen und erleichtern die visuelle Kontrolle des Reinigungsergebnisses. Zudem gilt für die Auswahl der Materialien der allgemeine Grundsatz: Die Oberflächen dürfen nicht mit Reinigungs- und Desinfektionsmitteln interagieren oder diese gar absorbieren.

Produktberührende Oberflächen, Wände, Böden und Decken sollten regelmäßig kontrolliert und bei Bedarf schnellstmöglich instandgesetzt werden. Dies gilt natürlich auch für nicht produktberührende Teile, z. B. Maschinenkörper oder Abdeckungen. Übergänge zwischen Wand und Boden bzw. Wand und Decke sowie zwischen einzelnen Teilelementen müssen entsprechend versiegelt werden. Des Weiteren sind Kondensationspunkte soweit als möglich zu vermeiden. Die Beleuchtung von Räumen und Arbeitsflächen muss ausreichend sein und eine visuelle Überprüfung der Reinigung erlauben.


Zuleitungen in Anlagen und Spülleitungen sollten ausblasbar sein, um Wasserreste nach Beendigung des Spülgangs zu verhindern. Ausnahme sind Zuführleitungen, die eigenkonservierte, hochviskose Sirupe führen. Sie werden bei kurzen Standzeiten nicht entleert, stattdessen wird das Vielfache eines Rohrvolumens als Anlauf verworfen.


Auch Hilfsmittel wie Paletten, Edelstahltrays, Schläuche oder Kunststoffboxen müssen periodisch überprüft und bei Bedarf ausgetauscht werden.


Besonders kritisch ist die Abwasserentsorgung. So sind für Räume der Reinheitsklassen A/B Abflüsse nicht zugelassen. Fertigungsbereiche für nicht-sterile Produkte brauchen hingegen ausreichend viele und große Abflüsse, damit man sie mit Wasser reinigen kann. Sie müssen regelmäßig desinfiziert werden, und Rückstauklappen müssen vorhanden sein, um die Gefahr des Eintrags von stehendem, verkeimtem Wasser zu unterbinden.


Auch sanitäre Einrichtungen stellen ein hohes Hygienerisiko dar. Hier besteht ein gewisses Dilemma. Zwar schreibt die Arbeitsstättenverordnung die unmittelbare Nähe von Toiletten zum Arbeitsplatz vor, aus hygienischen Gründen ist dies im Produktionsbereich aber inakzeptabel. Toiletten sollten innerhalb des Produktionsbereichs nur über eine Schleuse zugänglich sein oder zumindest einen Vorraum besitzen, der die Reinigung und Desinfektion der Hände und das Ablegen der Pharma-Kleidung ermöglicht.


Nahezu identische Anforderungen gelten auch für Aufenthaltsräume, um Kontaminationen der Bekleidung sowie das Einatmen oder die Aufnahme von Produktstäuben mit Lebensmitteln zu verhindern.


So, damit hätten wir die wichtigsten Anforderungen an die Räumlichkeiten und Anlagen beschrieben. Im täglichen Betrieb gibt es aber noch weitere potenzielle Kontaminationsquellen.


Beginnen wir ganz vorne in der Produktion – in der Wirkstoffherstellung, für die in punkto Hygiene ähnliche, aber nicht unbedingt identische Anforderungen gelten. Um eine konstant bleibende Qualität des Endprodukts zu gewährleisten, müssen auch die Herstellungsprozesse von Wirkstoffen ausreichend validiert sein und die Produkte eine ausreichend hohe Reinheit aufweisen bzw. den erforderlichen Spezifikationen entsprechen.


Art und Umfang der erforderlichen Hygienemaßnahmen sind abhängig von der Art des Wirkstoffes, der Art der eingesetzten Rohstoffe und natürlich der Art und Weise, wie sie später weiterverarbeitet werden. Zudem sind die Herstellungsprozesse – seien sie chemischer oder biologischer Natur – entscheidend, da sie mit darüber entscheiden, welche Verunreinigungen ein Wirkstoff am Ende enthalten kann und welche Restkonzentrationen dafür toleriert werden können.


Nicht nur für Wirkstoffe, sondern ganz allgemein für alle in der Produktion eingesetzten Ausgangsstoffe sind entsprechende Toleranzgrenzen für Verunreinigungen risikobasiert festzulegen. So ist zum Beispiel auch Wasser als Rohstoff aufgrund seiner Einsatzmenge sowie omnipräsenten Anwendung von großer Bedeutung.


Oder die mikrobielle Belastung von Ausgangsstoffen: Hier können grenzgängige Werte im weiteren Produktionsverlauf zu Spezifikationsverletzungen hinsichtlich der Keimzahl des Endproduktes führen – und mikrobiologische Prüfungen der Ausgangsstoffe im Rahmen der Eingangskontrollen sind in diesen Fällen besonders wichtig.


Der mikrobiologische Status von Ausgangsstoffen ist nicht, wie man vielleicht vermuten könnte, nur für Sterilbetriebe von Bedeutung. Er spielt auch z. B. für Solida-Produktionen eine wichtige Rolle, da die hier verarbeiteten Stoffe (wie Lactosen oder Cellulosen) sowie Wasser ideale Wachstumsbedingungen für Keime bieten.


Auch für Primärpackmittel muss ein akzeptabler Keim- und Partikelstatus festgesetzt sein. Dies gilt in besonderem Maße – aber nicht nur – bei sterilen Arzneiformen. Mikrobielle Verunreinigungen können auch von Sekundärpackmitteln rühren, meist Kartonagen, die in feuchtem Zustand gute Nährböden für das Wachstum von Keimen bieten. Unabhängig von der Reinheitsklasse haben Kartonagen daher – auch wegen ihres starken Abfaserungsverhaltens – in Räumen mit offenen Produkten nichts zu suchen.


Angelieferte Stoffgebinde können von außen verunreinigt oder verkeimt sein. Daher lautet die Devise: Bei der Einwaage zunächst grob abreinigen und die Gebinde so öffnen, dass keine Kontamination von außen nach innen erfolgen kann. Dieses Vorgehen gilt übrigens auch für Reinigungs- und Desinfektionsmittel, die auch eine Wareneingangskontrolle und chargenbezogenen Freigabe durchlaufen sollten.


Prinzipiell sollten Schmiermittel keinen Kontakt mit dem Produkt oder produktberührenden Oberflächen haben. Manchmal ist ihr Einsatz aber unumgänglich. Dann werden die ersten Anteile einer Charge bei Teilaustragungen wie Salbenabfüllungen oder Tablettenpressen verworfen. Werkzeuge, die zur Reparatur, Wartung oder Vorbereitung an den Maschinen und Anlagen eingesetzt werden, müssen entsprechend eingeschleust und je nach Reinheitsklasse desinfiziert oder sterilisiert werden.

Auch Prozessgase können kontaminiert sein. Deshalb müssen Anlagen, Verteilsysteme sowie Hersteller qualifiziert sein und die Qualität der Gase regelmäßig an der Entnahmestelle überprüft und eine eventuelle Fehlfunktionen von Raumluftanlagen über ein Informationssystem gemeldet werden.

Produktionsabfälle sollten möglichst unverzüglich entsorgt und die Behältnisse in gut gekennzeichnete, vor unberechtigtem Zugriff geschützte Sammelgefäße außerhalb der Produktionszone entleert werden.


Schließlich können Produktionsprozesse per se einen Anstieg von Keimzahlen verursachen. Dies wollen wir aber hier nicht weiter vertiefen.


Aufgaben der Reinigung

Kommen wir zur zweiten Fragestellung, den Aufgaben der Reinigung. Grob gesprochen, ist es die Entfernung von organischen und anorganischen Verunreinigungen. Wobei in der Regel eine ungesteuerte und zufällige Keimzahlreduktion durch Wegschwemmen erfolgt. Vor einer Desinfektion dient die Reinigung dazu, Schmutz, Polysaccharide, Lipide und Proteine zu entfernen, da diese durch Einbettungseffekte die Wirksamkeit der Desinfektionsmittel herabsetzen.


Grundsätzlich sind das Ergebnis und die Reproduzierbarkeit des Reinigungsverfahrens von drei Faktoren abhängig:

  • den Reinigungsmitteln,
  • den Hilfsmitteln und
  • der Durchführung.


Während Reinigungsmittel und Hilfsmittel einfach standardisiert werden können, ist das für die Durchführung – vor allem, wenn sie manuell erfolgt – schon schwieriger. Hier kommt den Schulungen besondere Bedeutung zu.


Reinigungen laufen für alle Reinheitsklassen ähnlich ab. Sie unterscheiden sich lediglich in der Durchführung und den Hilfsmitteln. Das Reinigungsverfahren sollte in der Regel mit einer trockenen Vorreinigung beginnen, um oberflächliche Materialkontaminationen abzusaugen und damit eine vergleichbare Ausgangslage für die nachfolgenden Reinigungsschritte zu schaffen. Dann werden verbliebene Verunreinigungen durch Reiniger gelöst und nach einer definierten Einwirkzeit mit dem Reinigungsmittel entfernt. Dann wird in gleicher Weise mit Wasser der geforderten Reinheitsstufe nachgewischt, in gut belüfteten Räumen bzw. bei kleinen Oberflächen auch mit 70-prozentigem Isopropylalkohol.


Aufgabe der Desinfektion ist eine gezielte Keimzahlreduktion auf den Oberflächen. Eventuell sind auch Sterilisationsverfahren notwendig, abhängig von der durchschnittlichen Ausgangsverkeimung sowie der geforderten Reinheitsklasse.


Eine wichtige Voraussetzung für die Reproduzierbarkeit der Desinfektion ist das vorherige Reinigen der Oberfläche. Ausnahmen sind nur bei ausreichenden Lösungseigenschaften des Desinfektionsmittels bzw. geringer Verunreinigung gestattet. Dies gilt in erster Linie für nicht-kritische Bereiche, bei denen das mikrobiologische Risiko durch die regelmäßige Desinfektion reduziert und in Abständen eine Grundreinigung durchgeführt wird.


Desinfektionsmittel müssen mit den Oberflächen kompatibel sein, um Beschädigungen auszuschließen wie die Korrosion von Metalloberflächen durch Hypochlorite. Ihre Wirksamkeit ist von zahlreichen Faktoren abhängig wie etwa

  • den Lösungskennzahlen,
  • der Sättigung und Penetration der Zellwände,
  • der Kontaktzeit sowie
  • den Eigenschaften der Oberfläche.


Die Eignung der verwendeten Desinfektionsmittel zur Anwendung gegen die spezifische Keimflora muss nachgewiesen werden. Wichtig sind auch die Aspekte der Arbeitssicherheit, Allergisierungs-Potenziale, Reizwirkung, Geruchsbelastung oder Umweltverträglichkeit.


Sind längere Lagerungen notwendig, braucht es sterilisierte Behältnisse, um der Gefahr der Anzüchtung resistenter Stämme entgegenzuwirken. Aus demselben Grund fordert der EU-GMP-Leitfaden, mehrere Typen von Desinfektionsmitteln abwechselnd einzusetzen, und regelmäßige mikrobiologische Kontrollen.


Und somit sind wir schon wieder bei den drei Tipps, den Quick-Wins, angekommen:

  1. Gute Planung im Vorfeld zahlt sich aus. Ungünstige Designs der Räume und Anlagen müssen in der Regel durch einen erhöhten Reinigungsaufwand ausgeglichen werden.
  2. Die Auswahl geeigneter Reinigungsmittel sowie deren Applikation bereiten mitunter Schwierigkeiten und lange Testphasen. Das muss nicht sein. Greifen Sie auf das Know-how der Hersteller zurück.
  3. Und vergessen Sie nicht: Der Erfolg von Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen hängt neben detaillierten Verfahrensanweisungen stark von der Qualität der Schulungen ab.


Ideen für die nächste Folge haben wir auch schon – ein durchaus heiß diskutiertes Thema. Der Arbeitstitel der 41. Episode lautet: Contamination Control Strategy (CCS) ist einfacher, als viele denken.

  • Was versteht man unter der CCS?
  • Was sind die Inhalte einer CCS?
  • Tipps für die Umsetzung

Zum Abschluss wie immer ein Zitat. Es ist mir kürzlich begegnet und hat mich nach anfänglichem Zögern doch sehr zum Schmunzeln gebracht.


„Erfahrung heißt gar nichts. Man kann eine Sache auch 35 Jahre schlecht machen.“


Es stammt von dem deutschen Journalisten und Schriftsteller Theobald Tiger, Kaspar Hauser, Peter Panter, besser bekannt unter seinem bürgerlichen Namen Kurt Tucholsky.


Verstehen Sie mich nicht falsch. Damit möchte ich den Wert der Erfahrung keineswegs schmälern, aber es kann manchmal eben auch nicht schaden, Althergebrachtes auf den Prüfstand zu stellen. Nicht selten helfen neue, effizientere Wege, die gewünschten Resultate zu erzielen.


Ach ja, und noch eine Bemerkung zum Schluss: Aufgrund der Kritikalität sind Abweichungen von den Vorgaben im Umgang mit Desinfektionsmitteln als risikoreich zu erachten. Eine Dokumentation, die lediglich die Durchführung mit „ja“ bestätigt, ist nicht ausreichend. Nur wenn sie ausreichend detailliert ist, können retrospektiv einzelne Aspekte (z. B. Charge des eingesetzten Desinfektionsmittels) oder Arbeitsschritte (z. B. Einwirkzeit von Desinfektionsmitteln) bewertet werden, was die Ursachenermittlung und Festlegung korrigierender Maßnahmen erleichtert.

Und damit sind wir am Ende der heutigen Episode. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine sichere Hand und gutes Gelingen für die Hygienemaßnahmen in Ihrem Betrieb. Vielen Dank, dass Sie bis zum Schluss dabei waren. Ich freue mich, wenn Sie das nächste Mal wieder einschalten zu GMP & TEA.